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Sara Schütze

Der Mann, der sein Glück in einer Urne fand

Der Mann, der sein Glück in einer Urne fand

Wer hätte schon ahnen können, dass ein Milchshake vor dem Joggen zu so etwas führen würde? Bloß eine kleine Runde durch den Park. Und schon sitzt man mit einer französisch-belgischen Anhalterin und Komplizin, einem verletzten weißen Hasen und den eingeäscherten Überresten des ehemaligen Besitzers am Steuer eines geklauten Wohnmobils auf der falschen Seite der deutsch-holländischen Grenze fest … verfolgt von zwei Gangstern in Lederjacken, auf der Suche nach der Urne, die ihr eigenes Geheimnis hütet.

Seiten: 296

Sara Schütze

ISBN:978-3-96123-079-2

Seiten: 296

Normaler Preis €15,00 EUR
Normaler Preis Verkaufspreis €15,00 EUR
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Sara Schütze

Sara Schütze, Jahrgang 1990, lebt und arbeitet als Grundschullehrerin in der Nordeifel. Auf ihrem Blog Laufzeile.de und dem Instagram-Profil eifelsportlerin eroberte die leidenschaftliche Ultramarathonläuferin in kurzer Zeit eine kleine Fangemeinde. »Der Mann, der sein Glück in einer Urne fand« ist ihr schriftstellerisches Debüt.

Leseprobe

Ein seltsames Geräusch schreckte ihn auf. Nur mühsam löste er seinen Blick vom Bildschirm, erhob sich schwerfällig und ging zur Tür des Arbeitszimmers, das im ersten Stockwerk des herrschaftlichen Anwesens lag. Seine Schritte hallten hohl auf dem kalten Fliesenboden des noch kälteren Raumes wider, der nur durch das sanfte Flimmern des blauweißen Bildschirms erhellt wurde. Er lockerte seine Krawatte und strich sich über die müden Augen. Es war ein Fehler gewesen, in die Eifel zu ziehen. Er wollte mehr Zeit für seine Familie finden, die Ruhe der Natur spüren. Doch die meiste Zeit verbrachte er seither im Auto auf viel zu engen Straßen zwischen Kundenterminen und Kurvenmanövern. Seine Frau langweilte sich und es war nur noch eine Frage der Zeit, bis sie Tupperpartys und Kaffeekränzchen ausrichtete. »Wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagten«, hatte in der kurzen Ausschreibung gestanden, die in grünlilablauen Farben nach verschlafener Waldromantik und Familienidylle klang. Dass es sich bei »Fuchs und Hase« und manchmal dem einen oder anderen Reh um die einzigen Begegnungen handeln würde, verschwieg sie geflissentlich. Nach kurzer Besichtigung hatten sie den Vertrag unterschrieben. Der Umzug aus Frankfurt in den kleinen Ort Schalkenmehren war ein Kinderspiel gewesen, das Kennenlernen der
Nachbarn ein herzlich bündiges Vergnügen. So sehr sie sich auf das einfache Leben gefreut hatten, so kritisch wurden sie auch noch nach Monaten von den Ortsbewohner beäugt. Schnell hatten sie gemerkt, dass es leicht war sein Herz in die Eifel zu verlieren. Das Herz der Alteingesessenen zu gewinnen, gestaltete sich dafür jedoch umso schwieriger. Müde schüttelte er den Kopf und stellte sich an die Zimmertür. Was tat er überhaupt hier? Er sollte seine Arbeit zu Ende bringen und seiner Frau auf die Party folgen. So wütend wie an diesem Abend hatte er sie noch nie erlebt. Seit langer Zeit war der Termin im Kalender eingetragen: Eine Cocktailparty im großen Stil mit ihren alten Stadt-Freunden und neuen
Bekannten. »Auf die Pauke hauen, das Leben tanzen«
war das Motto des Abends gewesen. Aber er hatte es wieder einmal nicht geschafft. Sein vollgepackter Terminkalender ließ keine Pause zu. Ein plötzlich erneutes Poltern riss ihn aus seinen Gedanken.
Vorsichtig horchte er an der Tür. Leise gedämpft
drang der dumpfe Hall schwerer Schritte an sein Ohr.
Aber wer sollte das sein? Ob seine Frau etwas vergessen hatte? Resignierend massierte er sich die Schläfen.
Nein, sie trug eines ihrer schicken Cocktailkleider
mit den feinen Abendsandaletten, die sie elfengleich
daherschweben ließen. Mit einem leisen Quietschen
öffnete er die Tür. Nur einen Spalt weit, um besser
hören zu können. Ein schmaler Lichtschein fiel in das
dunkle Zimmer und verlieh der Situation etwas Surreales.
Vermutlich war er einfach überarbeitet. Doch da hörte er sie erneut: Schritte. Leises Stimmengemurmel.
Er horchte auf und verfluchte innerlich die Videoanlage,
auf die er dank der schlechten Internetverbindung
nur im Hausanschlussraum Zugriff hatte. Leise schlich er auf die Empore und blickte sich um. Mit einem Mal ging alles ganz schnell. Ein Mann kam in die große Eingangshalle gestürmt, ein zweiter direkt hinterher. Sie beachteten ihn im ersten Moment nicht. Doch er sah sie. Die pure Verzweiflung kochte in ihm hoch. Und er trat auf die Treppe, auf der er aus voller Inbrunst herunterschrie. »Verlassen Sie umgehend mein Haus. Ich habe die Polizei bereits verständigt.«
Die Männer taxierten ihn. Ein leises Lächeln bildete
sich um die kantigen Mundwinkel, die von Bartstoppeln
gesäumt waren. Stille.
Sekunden zogen ins Land. Von weit her hörte er das
leise Ticken einer Wanduhr. Er setzte erneut an.
»Hier sind überall Kameras montiert. Sie werden
sowieso geschnappt. Geben Sie auf!«
Fast schon übermütig deutete er auf die Videoanlage,
die die Eingangshalle überwachte. Die beiden Einbrecher
wechselten einen kurzen Blick. Gemurmel. Ein Klicken hallte durch die leere Halle, als einer der Einbrecher eine Waffe zog und sie auf ihn richtete. Er schluckte. Kalter Schweiß lief an seinen Beinen herunter. Er dachte an seinen Sohn und daran, dass die Eifel ein Fehler gewesen war, als er reglos zu Boden sank.